Nasenpolypen (Polyposis nasi)

Allgemeines


Nasenpolypen sind gutartige Wucherungen der Nasenschleimhaut.

Sie sind gestielte oder flächenhaft aufsitzende, ödematöse oder fibrotische Schleimhautprotrusionen (Schleimhautvorfälle) im mittleren Nasengang, ausgehend von Siebbein oder Kieferhöhle.

Ein Choanalpolyp ist ein einzelner Polyp, der seinen Ursprung in der Kieferhöhle hat und dann gestielt bis in den Nasenrachen vorwächst.

Nasenpolypen können in jedem Lebensalter auftreten.
Zirka 1 bis 12% der Bevölkerung leidet an dieser Erkrankung.

Etwas Anatomie:
Nasennebenhöhlen

 

Die Nasennebenhöhlen sind Hohlräume in den Gesichtsknochen neben, über und hinter der Nase.
Man unterscheidet Kieferhöhlen, Stirnhöhlen, Keilbeinhöhlen und Siebbeinzellen.
Alle Nasennebenhöhlen sind mit der Nasenhöhle verbunden und wie diese mit Schleimhaut ausgekleidet.
Im Zellsystem der Nasennebenhöhlen wird regelmäßig Schleim produziert und über die Nase durch die Bewegung winziger Flimmerhärchen (Zilien) abtransportiert.

Ursachen


Die Ursachen für die Entstehung von Nasenpolypen ist noch nicht geklärt.
Man geht davon aus, dass es sich bei der Polypenbildung um eine Reaktion der Schleimhaut auf bislang weitgehend unbekannte Einflüsse handelt.
Diskutiert wird z.B. eine Schädigung der Schleimhaut durch z.B. gehäufte Nasennebenhöhlenentzündungen oder eine Pilzbesiedelung.

Auch eine Allergie spielt bei der Ausbildung von Polypen eine Rolle. Patienten mit z.B. Heuschnupfen haben oft auch Nasenpolypen.
10% der Patienten mit Nasenpolypen leiden an einer Allergie, 20% bis 40% an einem Asthma bronchiale.

Besonders häufig treten Nasenpolypen bei Menschen auf, die bestimmte Schmerzmittel wie Acetylsalicylsäure (z.B. Aspirin) nicht vertragen, die sogenannte Analgetikaintoleranz

Ein Drittel der Kinder, die an Mukoviszidose leiden, haben gleichzeitig Polypen. Mukoviszidose ist eine erblich bedingte Stoffwechselstörung, gekennzeichnet durch Bildung eines sehr zähen Schleimes, welcher zu Komplikationen im Bereich der Atemwege und des Verdauungstraktes führt.

Bei der Bildung von Polypen spielen auf immunologischer Ebene T-Helferzellen, indbesondere TH2, IgE und Interleukine (z.B. IL-5) eine entscheidene Rolle. Es handelt sich letztlich um eine Entzündungsreaktion.

Welche Beschwerden treten auf?


  • zunehmend behinderte Nasenatmung, so dass verstärkt durch den Mund geatmet werden muss
  • vermehrte Nasensekretion oder eitriger Schnupfen.
  • eingeschränktes Riechvermögen, bis hin zum Verlust des Geruchssinns
  • Da die Nase verschlossen sein kann, führt das zu eine näselnden Stimme
  • Schnarchen
  • wiederkehrende Entzündungen der Nasennebenhöhlen und der oberen Luftwege sowie Mittelohrentzündungen
  • Kopfschmerzen

Behandlung


Konservativ:

Sind die Polypen noch klein, kann deren Wachstum eventuell mit einem kortikoidhaltigen Nasenspray zurückgedrängt werden.

Zu empfehlen ist die reglmäßige Verwendung einer Nasendusche.

Begleitende Nasennebenhöhlenentzündungen (Stauungssinusitis) werden mit einem Antibiotikum sowie schleimlösenden und abschwellenden Medikamenten behandelt. Unterstützen kann man die Ausheilung mit Dampfbädern oder Mikrowellen-Therapie

Konnte eine Allergie als Ursache nachgewiesen werden, ist, wenn möglich, eine Hyposensibilisierung zu empfehlen. Die Verschreibung eines Medikamentes gegen die allergischen Beschwerden, z.B. ein Antihistaminikum, ist oft sinnvoll.

Liegt eine Schmerzmittelintolleranz vor, dürfen entsprechende Schmerzmittel (z.B. Aspirin) nicht mehr eingenommen werden. Eine Desensibilisierung ist zu empfehlen,

 

Operativ:

Nasenpolypen ohne Beschwerden brauchen nicht operiert werden.

Bereiten die Nasenpolypen zunehmend Beschwerden, sollten sie operativ entfernt werden.

Die Entfernung einzelner großer Polypen kann ambulant in örtlicher Betäubung mittels spezieller Werkzeuge (Laser, Polypenschlinge) erfolgen.

Bei ausgedehntem Polypenwachstum mit Beteiligung der Nasennebenhöhlen ist eine Nasennebenhöhlenoperation notwendig.
Diese ist mit einem Krankenhausaufenthalt von ca. 1 Woche verbunden.
Operationsindikationen sind zum Beispiel: Stauungssinusitis, chronisch-hyperplastische Sinusitis, Mukoviszidose, behinderte Nasenbeatmung (Polypektomie, endonasale mikroskopisch/endoskopische Nebenhöhlenoperation, ggf. mit Septumplastik und Conchotomie, bei Revisionsoperationen u.U. transfazialer Zugangsweg); allergisch bedingte Polyposis.

Eine intensive Nachbehandlung mit regelmäßiger Nasenpflege und Verwendung eines kortikoidhaltigen Nasensprays über mehrere Monate ist notwendig.

Bei 20% bis 50% (je nach Studie) können Nasenpolypen nach einer Operation erneut auftreten. Diese Rezidive werden nach 1 1/2 bis 3 Jahren nach der Operation beobachtet, so dass nach 5 Jahren eine erneute Operation erforderlich wird.


Behandlung mit Biologika

Biologika sind Antikörper und wirken auf molekuäarer Ebene. Sie blockiren z.B. die Wirkung einzelner Interleukine, so dass diese ihre Wirkung nicht mehr entfalten können.
Die Anwendung zählt ebenfalls zur konservativen Therapie.

Molekularbiologischer Hintergrund:
Bei der europäischen Bevölkerung mit Nasenpolypen kann auf immunologischer Ebene in 85% der Fälle vermehrt TH2 (T-Helferzellen) nachgewiesen werden. TH2 führt zu einer verstärkten IgE-Produktion und Eosinophilie, deren Schlüsselzytokin das Interleukin 5 (IL-5) darstellt. Auch die Interleukine IL-4 und IL-13 spielen eine Rolle.
(Bei Asiaten mit Nasenpolypen treten dagegen vermehrt TH1- oder TH17 auf).
Erhöhtes TH2 findet sich auch bei Erkrankungen aus dem atopischen Formenkreis, wie Typ-1-Allergie (Soforttyp), Asthma bronchiale und atopisches Ekzem (Neurodermitis). Daraus erklärt sich, warum diese Erktankungen oft gleichzeitig bzw. bei ein und der selben Person auftreten können.

Das Biologikum Dupilumab blockiert IL-4 und IL-13. Das hat zur Folge, dass letztlich die Bildung von Polpen verhindert wird.
In Studien bei Patienten konnten die Polypen deutlich reduziert werden, so dass sich auch das Riechvermögen wesentlich verbesserte.
Nach Absetzten der Therapie kommt es aber in vielen Fällen wieder zu einer Zunahme der Polypengröße.
Zur Behandlung wird das Medikament alle 2 Wochen unter die Haut gespritzt (ähnlich einer Insulingabe).

Für wen kommt der Einsatz von Biologika in Frage?

Biologika sind eine Alternative zu systemischen Kortisonbehandlungen (Tabletten) und Folgeoperationen wegen wiederholt auftretender Polypen.
Der Nachteil sind die hohen Kosten. 2 Injektionen kosten 1600,- Euro (Stand 2020). 8 Injektionen (16 Bahandlungswochen) sind notwendig, um die Wirkung beurteilen zu können. Nach 24 Wochen ohne Ansprechen wird die Therapie abgebrochen. Die Therapie ist möglichweise lebenslang notwendig.
Die jährlichen Therapiekosten betragen z.B. bei Dupilumab etwa 19000,-€ (Jahr 2020)

Voraussetzungen für eine Behandlung:
1. Polypen treten beidseitig auf
2. Der Patient ist bereits operiert worden und es traten erneut Polypen auf.
3. Es handelt sich um eine Typ-2-Inflammation (eosinpophile Granulozyten im Blut >300/µl, Gesamt-IgE im Serum >150kU/l, Nachweis von spezifischen IgE gegen Staphylococcus-aureus-Enterotoxin, erhöhte Konzentration von Periostin im Serum; falls vorhanden: histopathologischer Befund der letzten Operation mit Nachweis einer erhöhten Anzahl eosinophiler Granulozyten im Gewebe)
4. Es bestand in den vergangenen 2 Jahren die Notwendigkeit systemischen Behandlung (Tabletten) mit Kortison.
5. Durch die Nasenpolypen kommt es zu einer starken Beeinträchtigung der Lebensqualität.
6. Es besteht ein erheblicher Riechverlust.
7. Gleichzeitig besteht ein Asthma bronchiale.

Weitere Biologika blockieren Interleukin 5 (IL-5) - z.B. Benralizumab, Mepolizumab oder Reslizumab.
(Quelle: HNONachrichten 12/2019, S.22-25)

Die Nebenwirkungen bei der Behandlung mit Biologika sind gering.
Beschrieben werden anaphylaktische Reaktion (sehr selten), Konjunktivitis (risk ratio 2,65, zu 90% nur mild ausgeprägt), lokale Herpes simplex Infektion, eosinophile Pneumonie, eosinophile Vaskulitis (Hautausschlag), Neuropathie, Kopfschmerzen.
(Quelle:Liberty ad Solo-Continue clinical trial (164 Wochen), Worm et al, JAMA Dermatol. 2019 Dec 29)

Welche Untersuchungen führt der HNO-Arzt durch?


Beim Blick in die Nase kann der HNO-Arzt große Polypen meist als glasig-glänzende Gebilde erkennen.
Mit Hilfe eines Endoskops, das in die Nasenlöcher oder in den Mund eingeführt wird, lassen sich kleine Polypen identifizieren.
Außerdem kann man so anatomische Veränderung beurteilen. Diese Untersuchung bereitet dem Patienten keinerlei Schmerzen.

Im Ultraschall können oft Sekretspiegel oder Schleimhautschwellung in den Nasennebenhöhlen gesehen werden.

In Einzelfällen kann die Untersuchung des Nasensekretes (Abstrich) mit Erregernachweis geführt werden. So kann dann gezielt ein entsprechendes Medikament eingesetzt werden.

Computertomogramm (CT): Zur Beurteilung der Ausdehnung der Polypen und der anatomischen Veränderungen. Dieses ist auf jeden Fall vor einer geplanten Operation notwendig.

Blutuntersuchungen, Allergietest oder Riechtest sind manchmal notwendig.
Bei Komplikationen werden meist auch Augenarzt und Neurologe konsultiert.

Bei Verdacht auf Mukoviszidose kann ein Schweißtest durchgeführt werden. Bei Analgetika-Intoleranz ein Aspirin-Toleranz-Test.

Bei Malignomverdacht erfolgt eventuell eine Biopsie.

Endoskopische Untersuchung:
Blick in das rechte Nasenloch mit einem Endoskop.

1 - rechter Nasenflügel
2 - Nasenscheidewand
3 - mittlere Nasenmuschel

1 - rechter Nasenflügel
2 - Nasenscheidewand
3 - mittlere Nasenmuschel
4 - Polyp

Welche Komplikationen können auftreten?


Nasenpolypen blockieren den Zugang zu den Nasennebenhöhlen, so dass diese nicht mehr ausreichend belüftet werden. Dadurch teten gehäuft Nasennebenhöhlenentzündungen (Stauungssinusitis) und deren mögliche Komplikationen auf.

Die Aufgaben der Nase sind u.a. die Befeuchtung, Erwärmung und Reinigung der Atemluft.
Durch Polypen und der damit bedingten Behinderung der Nasenatmung kann die Nase diese Funktionen nicht mehr erfüllen. Es wird verstärkt durch den Mund geatmet, was zu einer Belastung von Rachen- und Bronchialschleimhaut führt. Es können sich so Halsentzündungen und Bronchitis entwickeln.

Da eine ausreichende Nasenatmung Voraussetzung für die Belüftung des Ohres ist, kann es mnchmal zu Hörproblemen und Ohrentzündungen kommen.

Durch den Druck der Polypen auf das umliegende Gewebe kann es zu Bruckschäden kommen.

Dass sich hinter Nasenpolypen eine bösartige Geschwulst verbergen kann, ist selten, kommt aber vor. Besonders Polypen, die nur auf einer Seite vorkommen, sind verdächtig. Am häufigsten findet man das invertierte Papillom.

Vorbeugung


Eine Prophylaxe gegen Nasenpolypen gibt es nicht.

Nachgewiesene Allergien sollten ausreichend therapiert werden, damit sich keine Folgeerkrankungen, wie z.B. ein Asthma bronchiale, entwickeln.

Bei bekannter Schmerzmittelunverträglichkeit muss auf diese verzichtet werden.

Um Folgeerkrankungen zu vermeiden, sollten Nasenpolypen möglichst frühzeitig therapiert werden.

Heilungschancen - Prognose


Den meisten Patienten wird durch eine Nasennebenhöhlenoperation geholfen.
Begleitsymptome, wie behinderte Nasenatmung oder Kopfschmerzen werden damit oft vollständig beseitigt.
Das Riechvermögen bessert sich in den meisten Fällen.
Doch nicht bei allen Patienten führt sie zum gewünschten Erfolg.
Bei einigen Patienten bilden sich erneut Polypen aus.

(1/2020)